Der oder die Eine wird sich fragen, was der Frauenname im Titel soll. Dazu später….
Heute morgen wurden wir sehr positiv überrascht. Der angekündigte Regen war ausgeblieben. Somit war das Zusammenpacken nach dem Frühstück ein leichtes Spiel, da alles trocken war.
Bereits um 08h10 zog Monk los. Zuvor hatten bereits ein Einzelner sowie eine Vierergruppe Frauen, welche den Geburtstag einer der Frauen mit einer gemeinsamen Wanderung begingen, unsere Zelte passiert. Ich zog bald hinterher mit dem Bewusstsein, dass ich noch Wasser holen musste. Unser Ziel heute war die Cheese Factory Site oder je nach unserem Befinden der Tray Mountain Shelter, welcher noch zwei Meilen weiter lag.
Bald hatte ich Monk eingeholt, welcher gerade bei einem idyllischen kleinen Wasserfall, welcher wunderbar in die Vegetation eingebettet war, seine Wasservorräte auffüllte und die Gelegenheit benützte, den Kopf kurz unter das kühlende Nass zu halten.

Dies musste ich doch gleich nachmachen, es war einfach wunderbar.
Es ging wieder mal den Berg hoch.

Ich war gut drauf und nachdem Monk austreten musste, zog ich aus respektive von dannen. Unterwegs holte ich die Vierergruppe auf, welche schon von weitem zu hören war. Ein kurzes „Hi, what a beautiful day today“, dann ging es weiter. Nach dem ersten Anstieg war der Trail mehr oder weniger flach, d.h. die Ups und Downs waren wohl noch da, aber nicht mehr so ausgeprägt. Landschaftlich war es sehr abwechlungsreich heute. Von fast Tunnelartig gewachsenen Staudenabschnitten über die bekannten lichten Laubwälder bis hin zu steilen, bewachsenen Bergflanken, durchsetzt mit Abschnitten grosser früherer Gerölllawinen, war alles da.
Beim Wandern traf ich auf Chance aus Arkansas. Ein kurze „How are you doing?“ Und weiter ging es. Die Versorgung mit Trinkwasser ist eine ständige Herausforderung. Zum Glück wird auf dem Trail immer wieder angezeigt, wo es Wasser gibt.

Nicht in jedem Fall ist die Quelle aber so Nahe gelegen, manchmal muss man ein paar hundert Meter gehen, im schlechtesten Fall steil den Berg runter (und dann auch wieder zurück 😐). Was immer sein muss ist das Filtern des Wassers, um Bakterien zu eliminieren. Allfällig kommt auch ein Stift mit ultraviolettem Licht in den Einsatz, um mögliche Viren abzutöten.
In den steilen Abschnitten, wo ich einfach immer etwas langsamer bin (mein Gesamtgewicht ist doch recht hoch), rauschte ein junger Mann an mir vorbei mit dem Trailnamen Pebbles. Auf die Frage, wo es denn hingehe, meinte nur MAINE. Ich hatte eigentlich nach dem Tagesziel gefragt….🤔
Wir wussten seit der Tagesplanung heute morgen, dass ein harter Brocken vor uns lag. Der Rocky Mountain (hat nichts mit dem Gebirgszug der Rocky Mountains zu tun). Dieser nette kleine Berg sah auf dem Profil wie eine Pyramide aus. Von 2949 Fuss hoch auf 4017 und dann gleich wieder runter auf 3113😥.
Am Unicoi Gap, bei welchem der Anstieg zum Rocky Mountain beginnt, traf ich auf den Highway. Hatte dort ein nettes Gespräch mit zwei Hinkern, welche aber nur einen kurzen Abschnitt laufen. Da Mittagszeit war, entschied ich, auf Monk und Gizmo zu warten. Monk tauchte nach 10 Minuten auf und wir assen ein paar Snacks zusammen. Ich hatte in der Zwischenzeit die Idee, per Autostopp nach Hiawassee zu fahren, um meine beiden Pakete zusammen zu legen und dann das neue Paket wieder aufzugeben. Ich sprach mit Monk über meine Idee. Er hatte keine Lust mitzukommen, wollte aber auf meinen Rucksack aufpassen. Ich sagte ihm, dass das nicht sinnvoll sei da ich nicht wüsste, wie lange ich bräuchte. Wir verabredeten uns für später beim angedachten Schlafplatz.
Während ich also bereit zum Autostopp war, kam Chance dazu. Er wollte auch nach Hiawassee, um dort einen Null-Tag einzulegen, also einen Ruhetag. Gemeinsam streckten wir die Daumen raus, aber ohne Erfolg (trotz seines vielversprechenden Namens😉). Nach 15 Minutend war Chance soweit, dass er die Option Shuttle bis zum 11 Meilen entfernten Hiawassee prüfte. Doch nach einem Telefonanruf verwarf er die Option wieder, der Typ wollte 65 US$!
Wir warteten weiter, es fing an zu regnen. Ich packte meine Regenjacke und die Rucksackhülle aus, Chance hatte einen praktischen Poncho. Eingepackt standen wir am Strassenrand und hielten unsere Daumen hoch.
Und dann kam Anna in einem alten Ford Pickup angefahren. Und sie hielt! Anna ist eine hübsche junge Frau Anfang 20 mit langen, braunen Haaren, einer grossen Sonnenbrille und einem herzlichen Lächeln. Sie macht mit bei Modewellen, davon zeugen ihre beiden feinen Nasenpiercings sowie das Tattoo an einer Wade. Sie sass in T-Shirt, Shorts und Sandalen hinter dem grossen Steuer ihres Trucks und sah uns mit einem Lächeln an. Chance fragte, ob sie nach Hiawassee fahre. Sie meinte: Das kann ich machen. Wir hätten in der Kabine mitfahren können, zogen aber wegen unserer Rucksäcke die Ladefläche vor, auf welcher lediglich ein voller Abfallsack lag. In der Zwischenzeit hatte es schon wieder aufgehört zu regnen. Anna fuhr Chance zu seinem Hotel. Ich stieg in die Führerkabine um und sie suchte für mich das US Post Office. Während der Fahrt fragte sie mich, wie ich wieder zurückkäme. Ich sagte ihr, dass ich wieder Autostopp machen würde. Daraufhin bot mir Anna an, mich auch wieder zurückzufahren. Sie hätte nämlich Zeit. Anna hatte kürzlich die Universität abgeschlossen und arbeitet Teilzeit in einer jungen Destillerie (2016 Produktion gestartet) in Dahlonega. Nebst Gin wird auch Whiskey hergestellt. Ich erzählte ihr von meiner Leidenschaft für Whisk (e)y und dass ich seit Beginn mit einem leeren Flachmann rumlaufe, da Whiskey nur in Liquor Stores erhältlich sei. Leider hatte sie keinen Whiskey dabei, sie hätte mir sogar gegeben. Anna würde gerne Vollzeit in der Destillerie arbeiten, dies ist aber momentan nicht möglich. Nach dem Postamt fuhr sie mich noch zum Foodmarket nebenan, ich wollte ein Sixpack Bier für heute abend kaufen. Zusätzlich kaufte ich einen New York Style Cheesecake sowie zwei frisch angemachte Salate. Anna wartet währenddessen auf mich beim Wagen und fuhr mich anschliessend die 11 Meilen zurück an den Ausgangspunkt. Während der Fahrt plauderten wir über Gott und die Welt. Als wir ankamen fragte ich sie, was ich ihr schuldig sei. Sie wollte kein Geld und meinte nur, dass sie hoffen würde das Gleiche zu erfahren, wenn sie den A.T. machen würde. That’s TRAIL MAGIC!
Mit den zusätzlichen gut 10 Pfund Gewicht erklomm ich den Rocky Mountain. Hier die Sicht vom Gipfel.

Auf dem Gipfel traf ich noch Pebbles, welcher mit einem Freund ebenfalls in Hiawassee war, um Vorräte aufzufüllen und mal wieder ein richtiges Essen zu haben. Interessant war, dass der Freund Vegetarier ist, was bei einem gewaltigen Unterfangen wie dem A.T. vermutlich eine noch grössere Herausforderung ist. Nach dem Abstieg ging es gleich wieder an den nächsten Anstieg nochmals 120 Höhenmeter.
Nach zwei Stunden hatte ich die 3.7 Meilen geschafft und traf beim Camp ein. Monk war schon länger da, Gizmo war kurz vor mir angekomen. Das Bier, welches immer noch kalt war, wurde natürlich herzlichst verdankt. Das Erstaunen über den von mir offerierten Cheesecake an der Stelle, wo in den 1850 Jahren eine Käseproduktion stand, war nicht minder gross. Die Produktionsstätte hatte ein Mann aus New England errichtet, während Jahren produzierte er hochwertigen Käse und gewann sogar Auszeichnungen. Leider ist heute nichts mehr davon erhalten. Nach dem Nachtessen (Chicken Salad Deluxe und Seafood Salad) gönnte ich mir einen feinen Cappuccino und mein Stück Cheesecake. So macht das Trailleben Spass!😁
Später traf noch Jim ein, ein älterer Thru-Hiker, der noch keinen Trailnamen hat. Da Monk nur ein Bier getrunken hatte, kam auch Jim in den Genuss. Seine Freude war riesengross.
Um etwa 19h30 setzte dann der schon längers angekündigte Regen ein, wir verzogen uns in unsere Zelte. Als ich meinen Bärensack beim Eindunkeln im strömenden Regen aufziehen wollte, geschah das Malheur. Der Karabiner öffnete sich unter Zug, ein Schlüsselring wurde weggesprengt und mein Sack kam mit Schwung vom Baum runter. Damit leider auch die Leine, welche ich zu einem früheren Zeitpunkt über einen hohen Ast geworfen hatte. Innerlich fluchend versuchte ich etliche Male, bei praktisch Null Sicht die Leine neu zu platzieren. Endlich klappte es und ich konnte alles Bären sicher aufhängen. Müde, dreckig und nass ging ich in mein Zelt, schrieb noch etwas am Blog und legte mich dann schlafen.
Zurückgelegte Meilen: 13.4 heute, total 64.8.
Heute haben wir den offiziellen Trailmarker für 50 Meilen passiert. Bei diesem wird der A.T. Approach (d.h. der Weg bis zum Trailstart) von 8.8 Meilen nicht gerechnet.

Ein Foto von Anna wäre schön!
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Ja, genau das habe ich verpasst (nebst Telefonnummer 😉)…..
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